A.4. Ilia und Anio bei Ovid, Amores 3.6: eine amphibolische Vermählung

Authors

  • Christian Zgoll Seminar für Klassische Philologie, Georg‐August‐Universität Göttingen

DOI:

https://doi.org/10.12697/sht.2009.10.A.4

Keywords:

Roman literature, Ovid, Ovidius, mythology, love elegy

Abstract

In Amores 3.6 greift Ovid den römischen Gründungsmythos auf, die Vermählung der von Mars unfreiwillig geschwängerten und später verstoßenen Vestalin Ilia mit dem Flußgott Anio. Eine Rekonstruktion von Ovids "Arbeit am Mythos" zeigt, wie der Dichter durch erzählerische Abwandlung, durch Psychologisierung, Erotisierung und Ironisierung dieser "Vermählung" durchaus amphibolische Züge verleiht. Der Blick auf die antike Bildersprache metapoetischer Reflexion und auf entsprechende Intertexte eröffnet ein tieferes Verständnis für den merkwürdigen Umstand, daß Ovid ein so breit ausgeführtes und ernstes mythisches exemplum zum Kernstück einer Liebeselegie macht, indem er eine weitere, hinter der narrativen Oberfläche liegende Aussageintention erkennen läßt: Die Flüsse im "Flüssekatalog" verweisen durchweg auf große epische Stoffe und Werke, der Anio selbst auf die Annalen des Ennius; Ilia aber trägt Züge der personifizierten Elegie. Die Vermählung von Ilia und Anio ist daher auch insofern "amphibolisch", als sie nicht nur auf der Erzählebene die Verbindung zweier mythischer Personen etwas schillernd darstellt, sondern sich zugleich als poetologische Chiffre für das Zusammenfließen zweier verschiedener poetischer Stile, des elegischen und des epischen Dichtens, erweist. Der namenlose, von mehreren Zuflüssen gespeiste "Sturzbach" der Rahmenhandlung aber entpuppt sich als vorausgreifendes Bild für die neuartige Vermischung verschiedenster Gattungen in Ovids Metamorphosen.

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Published

2010-12-23

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