Die Schaffung und Entwicklung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Estland
DOI:
https://doi.org/10.12697/JI.2014.21.04Keywords:
Rechtsgeschichte, Staatsrecht, Gericht, Verwaltungsrecht, Aufsicht und Kontrol-le, Gerichtsverfahrensrecht, Verwaltungsgerichtsverfahren, allgemeine Begriffe und Prinzipien des Verwaltungsgerichtsverfahrens, Anrufung des Verwaltungsgerichts, Verfahren beim Verwaltungsgericht, VerwaltungsgerichtsverfassungAbstract
Während der ersten Unabhängigkeitsperiode (1919-1940) wurden Verwaltungssachen in Estland von ordentlichen Gerichten (Amts- und Bezirksgerichten) behandelt. Beim Staatsgerichtshof war eine eigenständige Administrativabteilung tätig. Die in 1919 eingeführte Administrativgerichtsordnung beruhte auf dem Dekret der provisorischen Regierung Russlands vom 1917. Mehrere Grundsätze des heutigen estnischen Verwaltungsverfahrens waren schon damals in Kraft: z.B. Beschwerderecht aufgrund des subjektiven Rechtsschutzes, Untersuchungsgrundsatz, umfangreiche Befugnisse des Verwaltungsgerichts.
Unter den Bedingungen der sowjetischen Annexion (1940-1991) existierte praktisch keine gerichtliche Kontrolle der Exekutivgewalt. Nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit nahmen im Jahr 1993 in der ersten Instanz Verwaltungsgerichte die Behandlung von Verwaltungssachen auf. Gründung der von ordentlichen Gerichten getrennten Verwaltungsgerichte war vielmehr ein Zufall: dies war nicht durch eine historische Tradition, sondern durch das Vorbild einiger europäischer Staaten (Finnland, Deutschland) und die praktischen Bedürfnisse bei Reformierung des Gerichtsystems bedingt. In der Verwaltungsgerichtsordnung 1993 können Einflüsse sowohl der Administrativgerichtsordnung als auch der Gesetze der Sowjetunion wahrgenommen werden. Die Nachteile des damaligen Gesetzbuches waren die schwachen Befugnisse der Verwaltungsgerichte und beschränkter Kontrollumfang. Es war die Befürchtung bemerkbar, dass Verwaltungsgerichte übermäßig in die Tätigkeit der ordentlichen Gerichte und der Exekutivgewalt eingreifen werden. In den nächsten Versionen der Verwaltungsgerichtsordnung (2000 und 2012), ebenfalls in den zwischenzeitlichen Änderungen ist der Rechtsschutz durch Erhöhung der Befugnisse des Gerichts ständig gefestigt worden.