Idamaised usundid Rooma riigis kui probleem religiooniteaduse ajaloos
Abstract
Die „orientalischen Religionen“ im Römischen Reich als ein Problem der Religionsgeschichte
Obwohl die Römische Religionsgeschichte schon seit dem Zeitalter der Renaissance Objekt des Interesses der europäischen Gelehrten gewesen ist, kann man die Anfänge der heutigen wissenschaftlichen Forschung der Religionsgeschichte des Imperium Romanum in das 19. Jahrhundert setzen. Damals haben sich mit diesem Thema vorwiegend die Gelehrten aus der Religionsgeschichtlichen Schule beschäftigt. Sie waren in erster Linie an den Beziehungen zwischen orientalischen Kulten (die sie meistens als „Religionen“ bezeichnet haben) und dem Christentum und an den möglichen Einflüssen dieser mit Mysterienkulten gleichgesetzten orientalischen Kulte auf das frühe Christentum interessiert. Unter dem starken Einfluss der Ansichten Revilles, Cumonts und Wissowas hat sich in der europäischen Forschung ein relativ einheitliches Bild von den „orientalischen Religionen“ im Römischen Reich ausgebildet. Hier sei es thesenhaft zusammengefasst:
1) Die römische Religion war seinem Wesen nach kühl und pragmatisch und konnte deswegen nicht die emotionalen Bedürfnisse der Menschen befriedigen. Deswegen wandten sich viele Menschen den orientalischen Religionen zu.
2) Für die orientalischen Kulte waren Emotionalität und die Gewichtung auf das Erleben charakteristisch.
3) Zur Verbreitung der orientalischen Religionen im Römischen Reich hat das wirtschaftliche und geistige Übergewicht des Ostens (d.h. der Ostprovinzen des Römischen Reiches) gegenüber dem Westen (d. h. den Westprovinzen des Römischen Reiches) beigetragen.
4) Die orientalischen Kulte wurden vorwiegend durch Sklaven, Wanderhandwerker und Soldaten verbreitet.
5) Die Verbreitung der orientalischen Kulte wurde auch dadurch begünstigt, dass die Priester dieser Kulte sich völlig dem Gottesdienst gewidmet haben und dass diese Priester für ihre Götter intensive Propaganda betrieben.
6) Die orientalischen Kulte waren ihrem Typ nach Mysterienkulte, die sich nur an einen kleinen Kreis von Eingeweihten richteten.
7) Ebenso wie die Mysterienkulte hatten auch die orientalischen Kulte großes Interesse an Tod und Jenseits. Sie verkündigten ihren Anhängern ein glückliches Leben im Jenseits. Da die alte griechisch-römische Religion einen hoffnungsvollen Jenseitsglauben nicht kannte, hatten die orientalischen Religionen hierin einen großen Vorzug gegenüber der griechisch-römischen Religion.
8) Die orientalischen Kulte mischten sich mit der griechisch-römischen Religion. Dieses Phänomen wird mit dem Stichwort „Synkretismus“ bezeichnet.
9) Unter dem Einfluss der orientalischen Kulte entstand in der griechischrömischen Religion eine monotheistische Gottesanschauung. Dazu trug der Kult eines Sonnengottes mit universellen Zügen einen großen Teil bei.
10) Die Verbreitung der orientalischen Religionen im Römischen Reich hat zum Untergang der griechisch-römischen Religion beigetragen und damit den Boden für den späteren Triumph des Christentums vorbereitet.
Dieses Bild von den „orientalischen Religionen“ blieb in seinen Hauptzügen bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhundert bestehen und begann sich erst danach langsam zu verändern. Dieses Bild erfährt in der gegenwärtigen Forschung einen Wandel, der von Thomas A. Kuhn als „Veränderungen des Paradigmas“ bezeichnet wird. Die Veränderungen im Verständnis der orientalischen Kulte kann man ebenso mit dem gegenwärtigen geisteswissenschaftlichen Trend des rewriting oder rethinking in Zusammenhang bringen. Im vorliegenden Beitrag wird gezeigt, wie sich das Bild der orientalischen Kulte im Römerreich ab dem Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte und wie es sich im Laufe des späteren 20. Jahrhunderts veränderte.
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